Freitag, 10. März 2017

Energiekosten in Museen und Science Centern reduzieren




Auf dem Weg zu einem Museum der Zukunft ist die Reduktion des Energieverbrauchs ein wichtiger Schritt zu mehr Nachhaltigkeit und geringeren Betriebskosten.

Anforderungen an Museumsgebäude und Science Center

Museen, und zu einem geringeren Grad auch Science Center, müssen zwei grundsätzliche Nutzungsszenarien erfüllen:

  • Das offensichtliche Szenario ist die Bereitstellung einer angenehmen und inspirierenden Umgebung für die Besucher, in der eine ideale Präsentation der Exponate ermöglicht wird. Diese Umgebung umfasst neben der Innenarchitektur und dem Raumprogramm auch Aspekte wie Klimatisierung und Akustik (ICOM 2006: 8).
  • Insbesondere Museumsgebäude müssen daneben auch die Konservierung der ausgestellten Exponate sowie der Sammlungsobjekte sicherstellen (ICOM 2006: 3). Dabei geht es um optimale äußere Umweltbedingungen – diese können, je nach Anforderungen der Sammlung, alle Aspekte des Gebäudes betreffen. Diese Anforderungen können zum Teil extrem anspruchsvoll sein und weitreichende Auswirkungen auf das Gebäude- und Energiekonzept haben.



Energieverbrauch als zentrale Größe von nachhaltigen Science Centern

Nicht erst seit den stark steigenden Energiepreisen fassen Museen und Science Center das Handlungsfeld Energieeffizienz ins Auge, um Betriebskosten einzusparen.
Das Handlungsfeld Energieeffizienz umfasst dabei:

  • einerseits die Sanierung oder den Bau des Gebäudes sowie
  • andererseits den Betrieb sowie die Betriebskosten der Ausstellung.

Daraus wird deutlich, dass eine energetische Bewertung von Gebäuden nur gesamtheitlich erfolgen kann (vgl. DIN V 18599). Diese umfassende Betrachtung der Energiebilanz berücksichtigt den Energiebedarf für Heizungs- und Klimaanlagen, Belüftung und Raumklimasystemen, Warmwasser und Beleuchtung.


Energieeffizienz in Museen und Science Centern verbessern

Um in Museen und Science Center den Energieverbrauch zu verringern, können insbesondere die folgenden Parameter analysiert und optimiert werden:

  • Klimatechnik
  • Beleuchtung und Umgang mit Tageslicht
  • Energieverbrauch von Medienkonzepten

Als Grundlage für weitere Maßnahmen ist zunächst eine Analyse des energetischen Status quo hilfreich. Dafür können, je nach Komplexitätsgrad des Gebäudes, umfangreiche Messungen notwendig sein, bspw. Infrarot-Thermografie oder auch Luftwechselmessungen mit Indikatorgas. Die Analyse und Bewertung von Museumsgebäuden sollte idealerweise nach DIN V18599 zur energetischen Bewertung von Gebäuden erfolgen.
Um zielführende Maßnahmen zu identifizieren, sind auch Simulationen, bspw. mit TRNSYS (Transient Systems Simulation) oder mit speziellen Lichtsimulationen sinnvoll.


Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs

Unabhängig von den spezifischen Anforderungen der Sammlung und den Voraussetzungen des Gebäudes werden folgende Maßnahmen regelmäßig angewandt, um den Energieverbrauch in Science Centern und Museen zu reduzieren (Müller 2010):

  • Nutzung von Tageslicht und differenzierte Tageslichtbeleuchtung,
  • Geothermisch unterstützte Heizung und Kühlung,
  • Zertifizierte und energieeffiziente Medientechnik,
  • Minimierter Luftwechsel und aktive Kontrolle des thermischen Raumklimas,
  • Thermische Bauteilaktivierung bzw. Bauteiltemperierung.



Die Bedeutung des Lebenszyklus für die Energiebilanz

Um die gesamte Energiebilanz zu reduzieren, ist es nicht unbedingt sinnvoll, die günstigsten Materialien und Produkte auszuwählen. Stattdessen sollte die Auswahl auch anhand des Energieverbrauchs im gesamten Lebenszyklus erfolgen. Durch eine solche Qualitätsbewertung im wird sichergestellt, dass die gesamte Planung für die Erneuerung eines Energiekonzeptes im Hinblick auf Nachhaltigkeit umgesetzt wird (Haracska/Kuder2008).


Das erste Passivhaus-Museum und energieeffiziente Science Center

Am anschaulichsten lassen sich Musterlösungen anhand von Vorreitern darstellen. Die folgenden Science Center und Museen haben bereits erste Schritte Richtung Energieeffizienz unternommen:

  • In Ravensburg hat 2013 das weltweit erste Museumsgebäude als Passivhaus eröffnet. Dabei wurde die Umsetzung des Passivhausstandards mit den hohen Anforderungen des Kunstmuseums im Hinblick auf Sammlung und Museumsbetrieb in Übereinstimmung gebracht.
  • Das Royal BC Museum in Victoria, Kanada hat ein umfangreiches Nachhaltigkeitsprogramm. Kern der Aktivitäten stellt das Monitoring und die Reduzierung des Energieverbrauchs dar. Detaillierte Informationen zum Energieverbrauch sind mit dem Tool Pulse hier online abrufbar.
  • Im Figge Art Museum, Davenport, USA konnten allein durch den Einsatz durch Smart-Metering etwa 60 tausend Euro pro Jahr eingespart werden.
  • Das Museum Ritter in Waldenbuch bekam im Rahmen einer umfangreichen Sanierung ein ganzheitliches Energiekonzept, in dem Tageslichtsysteme, aktive Kühlung, thermisch aktivierte Bauteilsysteme, Kraft-Wärme-Kopplung und Solarthermie zu einer verbesserten Energiebilanz beitragen.

Aus den Best Practice-Beispielen geht hervor, dass der Energieverbrauch durchaus auf weniger als 10 Prozent reduziert werden kann – ein hoher Anreiz für Einrichtungen mit hohen Energiekosten.
Kennst Du weitere gute Beispiele oder Lösungen? Dann freue ich mich über Deine Nachricht!


Energetisches Ziel für Museen und Science Center

Auch wenn einzelne Maßnahmen und Verbesserungen durchaus lobenswert sind, ist das übergeordnete Ziel die Ausstellung als Teil einer übergreifenden Energiekonzeption des gesamten Gebäudes zu konzipieren und umzusetzen.



Weiterführende Literatur

Der BINE Informationsdienst bereitet Ergebnisse aus der Energieforschung praxisrelevant auf. Spezifische Informationen für Science Center und Museen findest Du hier:

Quellen

Haracska, H. / Kuder, G. (2008): Energetische Modernisierung eines Museums – Energieeffizienz bei Nicht-Wohngebäuden mit hohen klimatischen Anforderungen.
In: Pöschk, J. (2008):  Energieeffizienz in Gebäuden - Jahrbuch 2008. VME Verlag und Medienservice Energie Berlin. S. 167-174. http://www.luwoge-consult.de/fileadmin/repository/Projekte/Erleben/WHM_Buchbeitrag.pdf
ICOM, The International Council of Museums (2006): ICOM code of ethics for museums. Paris: ICOM. http://www.icom-deutschland.de/client/media/362/code_ethics2013_eng.pdf

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